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Anbindehaltung soll grundsätzlich verboten werden
Veröffentlicht am:
29.05.2023 11:00:59
Kategorie :
Rinder
, Wichtige News
29.05.2023 - Der Ausstieg aus der Anbindehaltung könnte schneller kommen als erwartet. Das Bundeslandwirtschaftsministerium plant in seinem Referentenentwurf zur Änderung des Tierschutzgesetzes ein weitgehendes Verbot in fünf Jahren.
Im Koalitionsvertrag der Ampelparteien ist noch von bis zu zehn Jahren die Rede. Ausgenommen sind im BMEL-Entwurf Betriebe mit bis zu 50 über sechs Monate alten Rindern. Voraussetzung soll dabei sein, dass die Tiere während der Weidezeit Zugang zu Weideland und ganzjährig mindestens zweimal pro Woche Zugang zu Freigelände haben.
Größtenteils beenden will das Agrarressort die bislang geltenden Ausnahmen für die Durchführung sogenannter nicht-kurativer Eingriffe. So soll das betäubungslose Enthornen von Kälbern ebenso verboten werden wie das Kastrieren von männlichen Kälbern ohne Betäubungs- und Schmerzmittel.
Gestrichen werden soll die Ausnahme für das Kürzen des Schwanzes von Kälbern mittels elastischer Ringe, außerdem das betäubungslose Schwänzekürzen bei Lämmern und das Kupieren der Rute bei Jagdhunden. Stärker reglementieren will das Landwirtschaftsministerium das Schwänzekupieren bei Schweinen.
Verpflichtende Videoaufzeichnungen in Schlachthöfen
Als Voraussetzung für das Kupieren soll jeweils glaubhaft dargelegt werden müssen, dass der Eingriff für die künftige Nutzung des Tieres zu dessen Schutz unerlässlich ist. Schweine mit gekürzten Schwänzen sollen nur gehalten werden dürfen, wenn in dem jeweiligen Stall Schwanz- oder Ohrverletzungen aufgetreten sind, Risikoanalysen zur Ermittlung der Ursachen durchgeführt und festgestellte Ursachen unverzüglich abgestellt werden.
Die Details zur Durchführung des Schwänzekupierens und das Halten von Schweinen mit kupierten Schwänzen will das Ministerium per Verordnung regeln. Stärker überwacht werden soll, ob Tierschutzanforderungen in den Schlachthöfen eingehalten werden. Deren Betreiber sollen verpflichtet werden, Videoaufzeichnungen von „tierschutzsensiblen Vorgängen“ durchzuführen.
Ende der kleinstrukturierten Landwirtschaft
Auf scharfe Kritik stießen insbesondere die Pläne zum Anbindehaltung. Der agrarpolitische Sprecher der CSU im Bundestag, Artur Auernhammer, warf Minister Cem Özdemir vor, er läute mit dem Verbot der Anbindehaltung das Ende der kleinstrukturierten Landwirtschaft in Bayern ein. Ein Ausstieg mit einer Frist von gerade einmal fünf Jahren werde für zahlreiche Betriebe das Aus bedeuten, warnte Auernhammer. Auch die Pläne mit höheren Auflagen für die sogenannte Kombinationshaltung würden vielen Betrieben Probleme bereiten.
„Anstatt auf flexible Lösungen zu setzen, will ein grüner Politiker wieder einmal klassische Verbotspolitik durchdrücken - ohne jede Rücksicht auf die landwirtschaftlichen Betriebe“, so der CSU-Politiker. Die Folge werde sein, dass insbesondere die kleinen Betriebe aufgeben würden. Diese Entwicklung sei schon bei der Nichtumsetzung des Borchert-Konzepts zu beobachten gewesen und gehe nun nahtlos weiter.
„Seinem Ziel, die Tierhaltung in Deutschland abzuschaffen, kommt Özdemir damit einen Schritt näher“, sagte Auernhammer. Spannend bleibe, „ob die FDP das mitmacht“. Nach Angaben des CSU-Agrarpolitikers hält etwa die Hälfe der rund 25.000 Milchviehbetriebe in Bayern ihre Tiere noch in Anbindehaltung.
Nicht zumutbar
Der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Bernhard Krüsken, bezeichnete die Fünfjahresfrist als nicht zumutbar. Mit der Begrenzung von Ausnahmen auf Betriebe mit maximal 50 Tieren werde nebenbei auch die Kombinationshaltung für viele Betriebe unmöglich gemacht. Dies sei umso erstaunlicher, als dieses Konzept den Betrieben eigentlich einen Weg zu mehr Tierschutz öffnen sollte.
Für unnötig kompliziert hält der Generalsekretär die vorgesehenen Vorschriften für das Schwänzekupieren bei Schweinen. Sie seien für ein Gesetz viel zu detailliert und in der Praxis nicht umsetzbar. Ein europäischer Gleichschritt sei nicht zu erkennen. Die geforderte Betäubung beim Enthornen von Kälbern muss laut Krüsken auch von Landwirten durchgeführt werden können: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Tierärzteschaft dafür noch Kapazitäten hat.“
Nationale Alleingänge statt Anreize
Der DBV-Generalsekretär zeigte sich enttäuscht von der Gesamtausrichtung des Referentenentwurfs. „Anstatt auf Anreize zu setzen und ordnungsrechtliche Vorgaben im europäischen Rahmen anzugehen, setzt das Ministerium erneut auf nationale Alleingänge“, beklagte Krüsken. Mit seinem Gesetzentwurf konterkariere das Ministerium einmal mehr die Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung.
Gleichzeitig machte Krüsken schwerwiegende rechtliche Bedenken geltend. Gegenüber AGRA-EUROPE bezeichnete er die vorgesehene Ergänzung von §1 des Tierschutzgesetzes als „äußerst bedenklich“. Demnach soll bei der Abwägung „schutzwürdiger menschlicher Interessen mit dem Tierschutz“ ein wirtschaftliches Interesse „keinen vernünftigen Grund für eine Beeinträchtigung von Leben und Wohlbefinden eines Tieres darstellen“.
Krüsken zufolge ist diese Formulierung unscharf und bis zum Verbot jeglicher Nutztierhaltung auslegbar. Sie könne in letzter Konsequenz das Ende der landwirtschaftlichen Tierhaltung bedeuten und dürfe so nicht stehenbleiben, warnte der Generalsekretär.
Unangemessen hohe Freiheitsstrafen
Nicht nachvollziehbar ist für Krüsken zudem eine geplante Neuregelung bei den Straf- und Bußgeldvorschriften. Seinen Angaben zufolge werden besonders schwere Verletzungen des Tierschutzrechts mit einer Freiheitsstraße von sechs Monaten bis zehn Jahren geahndet. Ein besonders schwerer Fall liege dem Entwurf zufolge aber dann schon automatisch vor, wenn ein Verstoß „im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit“ begangen wurde.
„Wir befürchten, dass mit einer solchen Formulierung Vergehen im Rahmen der landwirtschaftlichen Tierhaltung unabhängig von der Schwere einer Tat mit unangemessen hohen Freiheitsstrafen geahndet werden“, so der Generalsekretär. Damit würde der Zusammenhang zwischen der Schwere eines Verstoßes und dem Strafmaß aufgehoben.