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Schweiz: Es gibt zwar genug Tierärzte - aber trotzdem einen Ärztemangel im Stall
Veröffentlicht am:
17.03.2023 11:32:47
Kategorie :
Allgemein
, News
Die Veterinärmedizin ist ein beliebtes Studium. Trotzdem werden die Versorgungslücken in der Nutztiermedizin immer grösser. Schuld ist nicht nur das schlechte Image.
17.03.2023 - Schwierige Einsätze im Stall, unregelmässige Arbeitszeiten, Notfalldienste, Bürokratie: Die Arbeitsbedingungen in der Nutztiermedizin sind wenig attraktiv. Junge Tierärztinnen und Tierärzte zieht es heute zu den Klein- und Haustieren. Gemäss einer Studie der Universität Bern von 2019 arbeiten weniger als 30 Prozent der Tierärztinnen und Tierärzte noch im Nutztiersektor ¬¬– weit weniger, als nötig wären. Das wird zunehmend zum Problem.
Myriam Klopfstein gehört zu den wenigen, die sich für die Nutziermedizin entschieden haben. Die 39-Jährige führt seit drei Jahren zusammen mit einer Geschäftspartnerin und einer angestellten Tierärztin in Nesslau die Tierklinik Nesslau Grosstiere GmbH. «Mit Nutztieren zu arbeiten, ist sinnvoll», sagt Klopfstein. Man leiste der Gesellschaft einen Dienst, wenn Lebensmittel sicher und tiergerecht produziert würden… .
Weniger Krankheiten, frühere Schlachtung
Mit Forrer hat Klopfstein ein besonderes Arbeitsverhältnis. Sie macht für ihn die neuartige Bestandsbetreuung. Die Tierärztin konzentriert sich dabei weniger aufs Einzeltier, sondern auf den ganzen Bestand. Das Management von Haltung, Fütterung oder Hygiene gewinne so an Bedeutung, ebenso vorbeugende Massnahmen wie Impfungen. Rein kurative Behandlungen rückten in den Hintergrund.
«Der schweizweit stattfindende Paradigmenwechsel hilft, Kosten zu sparen und Tierärzte zu entlasten», so Patrizia Andina von der Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte (GST). Auftraggeber seien entweder Landwirtschaftsbetriebe oder die Lebensmittelindustrie.
Bruno Forrer ist einer der Ersten, die sich im Toggenburg vor drei Jahren auf dieses Konzept eingelassen haben. Für ihn lohnt es sich: «Aufgrund der monatlichen Tierarztbesuche bleibe ich à jour, habe weniger Krankheiten und kann die Tiere bis drei Monate früher schlachten.» Dies wiege die höheren Tierarztkosten bei weitem auf… .
Der Frauenanteil in der Branche ist hoch. Bei den Jüngeren machte er 2019 gegen 80 Prozent aus, unter den Studierenden sogar fast 90 Prozent. Damit einher geht ein zunehmendes Bedürfnis nach einer besseren Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit. Die Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit wird nicht mehr hingenommen. Laut GST müssen verschiedene Ansätze verfolgt werden, um dieser Entwicklung zu begegnen. «Dazu gehört, dass sich die Betriebe strukturell anpassen. Dafür müssen sie aber auch genügend Einkommen erzielen können.»
In internationalen Studien wurde festgestellt, dass Tierärztinnen und Tierärzte eine erhöhte Rate an Depressionen, Suizidgedanken und Burnout haben. «Das Einschläfern oder Töten statt Behandeln von Tieren aus wirtschaftlichen Gründen ist ein ethisches Dilemma, das angegangen werden sollte», sagt Doris Schneeberger, amtliche Tierärztin vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen.
Um diesem Verschleiss entgegenzuwirken, haben sich Klopfstein und ihre Geschäftskollegin gute Arbeitsbedingungen auf die Fahne geschrieben. Dazu gehören auch gut entschädigte Notfalldienste, zumindest für die Angestellten. Gleichzeitig sollen Notfalldienste für die Tierhaltenden bezahlbar bleiben, ohne dass sich die Tierärztinnen unter ihrem eigenen Wert verkaufen müssen. Eine fast unlösbare Aufgabe. «Für uns als Arbeitgeberinnen bleiben die Notfalldienste ein Verlustgeschäft», räumt Myriam Klopfstein denn mit einem schiefen Lächeln ein.
Unterdessen hat Myriam Klopfstein das Kastrieren zweier Stierkälbchen begonnen, weil diese für die Mast und nicht für die Zucht bestimmt sind. Sie erhalten eine Spritze zur lokalen Betäubung des Hodensacks, dann stülpt die Tierärztin mit einem geübten Handgriff einen Gummi über den Hodensack. Und fertig! «Nach ein paar Wochen ist der nicht durchblutete Hodensack braun, vertrocknet und fällt ab», erklärt sie.
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Schweiz: Es gibt zwar genug Tierärzte - aber trotzdem einen Ärztemangel im Stall